Aufgaben der Niedrigwasser- und Dürrevorsorge
Angesichts der zunehmenden Häufigkeit und Intensität von Dürren und langanhaltenden Niedrigwasserereignissen ist es von entscheidender Bedeutung, wirksame Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen um die Auswirkungen auf das Grundwasser, unsere Gewässer, unsere Böden sowie deren Nutzung durch uns Menschen möglichst gering zu halten.
Um Vorsorgemaßnahmen ergreifen zu können, ist es wichtig alle Bestandteile des Wasserhaushalts in Thüringen genau zu verstehen. Dazu betreibt der Freistaat Thüringen bereits ein umfassendes Messnetz von Grundwassermessstellen und Pegeln an Oberflächengewässern. In den kommenden Monaten und Jahren setzt das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz zudem verschiedene Projekte um, die u. a. einer Verbesserung des Kenntnisstandes zur Entwicklung der Grundwasservorräte, zur Interaktion von unterirdischen Grundwasservorräten sowie zum besseren Verständnis der Bodenfeuchteverhältnisse dienen.
Neben diesen naturwissenschaftlichen Grundlagen ist es wichtig, auch alle Bereiche in den Blick zu nehmen, die durch uns Menschen beeinflusst werden können. Dazu zählt insbesondere die Nutzung unserer Wasserressourcen und unser Umgang mit Wasser. Das gilt von der Sicherstellung der Trinkwasserversorgung bis hin zu einer effizienten Wassernutzung in Unternehmen und zur Versickerung unbelasteter Niederschlagswässer.
Der Freistaat Thüringen verfolgt bei der Niedrigwasser- und Dürrevorsorge vorrangig die fünf wesentlichen Leitsätze:
Grundsätze
Absolute Priorität hat die Gewährleistung einer langfristig sicheren Trinkwasserversorgung. Die Trinkwasserversorgung der Privathaushalte und Unternehmen und sonstigen Abnehmer*innen ist derzeit nicht gefährdet. Infolge der fortschreitenden Klimaveränderungen können sich aber in einzelnen Regionen Thüringens künftig Versorgungsengpässe ergeben. Um entsprechend vorzubeugen, werden mögliche Schwachstellen (wie fehlende Wassergewinnungsanlagen oder nicht ausreichend dimensionierte Leitungssysteme) mithilfe verschiedener Projekte (u. a. Fortschreibung der Trinkwasserprognose, Durchführung von Stresstests) frühzeitig aufgedeckt. Sind diese Identifizierung, besteht genügend Vorlauf für deren Behebung. Bei der Wasserverteilung wird außerdem berücksichtigt, dass die Trinkwasserversorgung bereits jetzt einen zusätzlichen Wasserbedarf umfasst (z. B. zum Gießen, Befüllen von Pools, häufigeres Duschen an heißen Tagen, etc.). In den vergangenen Trockenjahren 2018 – 2020 und insbesondere 2022 ist der Trinkwasserbedarf der Privathaushalte entgegen dem langjährigen Trend wieder gestiegen – mit hoher Wahrscheinlichkeit wird der Trinkwasserbedarf zukünftig weiter ansteigen.
Bild: Trinkwassertalsperre Schönbrunn in Südthüringen
(Quelle: TFW)
Das Wasserdargebot kann durch folgende Maßnahmen verbessert werden:
- Speicherung in Talsperren und sonstigen Speichern
- Speicherung und Versickerung von Niederschlagswasser, die auf versiegelten Flächen anfallen
- Rückhalt in Gewässern und Auen
- Revitalisierung von Feucht- und Nasslebensräumen (wie z. B. Moore)
- Angepasste Bodenbearbeitung in der Landwirtschaft
- Rückbau von Drainagen, Wasserhaltung in Entwässerungsgräben
- Wiederverwendung von Wasser
- aktive Grundwasserinfiltration
Ziel muss es sein, die durch menschliche Tätigkeit (u. a. Städtebau, Versiegelung, Kanalisation, Drainage) deutlich reduzierte Grundwasserneubildung und Speicherung im Boden wieder zu stärken.
Bild: Ausgetrockneter Boden
(Quelle: Kai Pfannschmidt, TLUBN)
Grundwasser ist unsere Goldreserve, nicht nur für die öffentliche Trinkwasserversorgung, sondern auch für zahlreiche Unternehmen und private Nutzer*innen. Im Gegensatz zu in Talsperren gespeichertem Wasser sind Grundwasservorräte, infolge der Bodenfilterfunktion, besser vor Verunreinigungen und Verdunstung geschützt. Der Grundwasserstand unterliegt in Dürrephasen zudem geringeren Schwankungen als der Wasserstand der Oberflächengewässer. Das Grundwasser bildet die wichtigste Wasserreserve des Landes. Daher muss es vor Schadstoffen, wie z. B. Nitrat und Pflanzenschutzmitteln, aber auch einer Übernutzung effektiv und konsequent geschützt werden.
Bild: Quelle Bärenbachsbrunnen in der Nähe Neuhaus am Rennweg
(Quelle: TLUBN)
Um eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Dürreereignissen aufzuweisen, sollten Gewässer:
- natürliche Gewässerstrukturen besitzen,
- einen Gehölzsaum haben,
- mit der Aue und den Auwäldern verbunden sein,
- durchgängig sein, um Wanderbewegungen für Fische und andere aquatischen Organismen zu ermöglichen,
- natürliche oder künstliche Refugialräume (Rückzugsräume, wie z. B. Kolke) aufweisen,
- über eine Gewässerqualität verfügen, die hinsichtlich Schadstoffeinleitungen einen Puffer gegenüber sinkenden Wasserständen besitzt.
Darüber hinaus sollten Zulassungen für Wasserentnahmen so ausgestaltet sein, dass der aktuelle und der künftige Wasserbedarf der Gewässer und wasserabhängigen Ökosysteme berücksichtigt werden.
Bild: Naturnahe Flussentwicklung der Sormitz bei Leutenberg
(Quelle: TMUEN P/Ö)
Zielstellung einer nachhaltigen Bewirtschaftung kann nicht die Deckung aller künftig steigenden Wasserbedarfe aus Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie sowie der Bevölkerung sein. Um Bedarf und Angebot in Einklang zu halten, wird es daher erforderlich sein, den aktuellen und künftig steigenden Wasserbedarf, wo es möglich ist, zu verringern. Realisiert werden kann das z. B. durch Kreislauf- oder Mehrfachnutzung des eingesetzten Betriebswasser in Unternehmen. Dies ist erforderlich, um das Schadenspotenzial für Gewerbe und Industrie im Fall von Wassermangel durch rechtzeitige Anpassungsmaßnahmen zu begrenzen.
Bild: Wasserentnahme zur landwirtschaftlichen Bewässerung
(Quelle: TMUEN P/Ö, Creative Common Lizenz)